Zeitzeugin Henriette Kretz zu Gast in der Eichenlaubschule

„Es darf nicht vergessen werden, was damals passiert ist!“

Gruppenfoto mit der Zeitzeugin: Henriette Kretz fühlt sich wohl unter jungen Menschen

Die Vorstellung von dem, was sich in der nationalsozialistischen Vergangenheit alles ereignet hat, gewinnt für Schülerinnen und Schüler erst durch die Begegnung mit Zeitzeugen an Farbe, Emotionalität und Menschlichkeit. Durch ihre Berichte und Erzählungen gelingt es, vor allem die Jugendlichen für Vergangenes zu interessieren, um so auch die Gegenwart besser verstehen können. Die Schülerinnen und Schüler der Eichenlaubschule Weiskirchen hatten am vergangenen Freitag das große Glück, Henriette Kretz aus Antwerpen zu begegnen. Sie hat es sich seit einigen Jahren zur Aufgabe gemacht, ihre Erfahrungen mit Jugendlichen zu teilen, um sie vor allem für die Themen „Rassismus und Diskriminierung“ zu sensibilisieren.

Die Schülerin Hanna Huschke dankt Henriette Kretz für ihre eindrucksvollen Schilderungen

Die 80-jährige Holocaust-Überlebende berichtete den Schülerinnen und Schülern der 9. und 10. Klassen mit unglaublich ruhiger Stimme von den unfassbaren Grausamkeiten, die sie als Kind in der Zeit des Nationalsozialismus miterleben musste. Mit leichtem französischem Akzent begann sie von ihrer unbeschwerten Kindheit in Polen und ihren geliebten Eltern zu erzählen. Erst als die Nationalsozialisten 1939 das Land überfielen, musste die jüdische Familie fliehen – zuerst nach Lemberg, dann ins benachbarte Sombor. Hier wurde der Vater Direktor eines Sanatoriums für tuberkulosekranke Kinder. Doch bereits 1941 holte der Krieg sie auch dort ein, sie mussten ihre Wohnung verlassen und in das jüdische Viertel ziehen, wo bereits kurze Zeit später ein Ghetto eingerichtet wurde. „Im Ghetto hatte ich zum ersten Mal das Gefühl, dass ich ein Untermensch bin“, erinnerte sich Henriette, die zu diesem Zeitpunkt erst sieben Jahre alt war. Dennoch schaffte es der Vater, die Familie mit viel Geld frei zu kaufen. Als sie weiter berichtete, dass sich die Familie einen ganzen Winter in einem Kohlekeller verstecken musste und die Deutschen sie dann doch aufspürten, wurde es ganz still im Musiksaal. Durch eine mutige Tat ihres Vaters gelang Henriette die Flucht vor den deutschen Soldaten. „Beim Weglaufen hörte ich einen Schuss, dann schrie meine Mutter. Ich hörte einen zweiten Schuss und es war still. Dann wusste ich, dass ich keine Eltern mehr habe!“, so Henriette Kretz. Sichtlich ergriffen und bewegt hatten an dieser Stelle einige der Zuhörenden mit ihren Tränen zu kämpfen.

Immer wieder musste sie sich verstecken und floh schließlich in ein Waisenhaus, in dem sie Zuflucht bei einer Nonne fand. Bereits einen Monat später wurde die Stadt befreit. Endlich konnte sie nun das Mädchen Henriette Kretz sein.

Für die Schülerinnen und Schüler war es an diesem Morgen weit mehr als eine Geschichtsstunde. Authentische Erzählungen verbanden das persönliche Schicksal von Henriette Kretz mit dem geschichtlichen Hintergrund. Abschließend sagte sie etwas ganz Bedeutendes: „Niemand heute hat mehr Schuld an dem, was damals passiert ist, aber wir alle haben die Aufgabe, dies nicht zu vergessen.”

Der Besuch von Henriette Kretz an der Eichenlaubschule war erst möglich geworden durch das Maximilian-Kolbe-Werk, das Zeitzeugengespräche in Schulen unterstützt.

„Das Maximilian-Kolbe-Werk ermutigt dazu, aus der Erinnerung an das Geschehene für das Heute und Morgen zu lernen.“ www.maximilian-kolbe-werk.de